In der jüngsten Analyse des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, besser bekannt als die “Wirtschaftsweisen”, wird die dringende Notwendigkeit betont, die Infrastruktur in Deutschland zu verbessern und den Einsatz von Elektro-LKW zu fördern. Dies sind wesentliche Schritte, um den Herausforderungen des Güterverkehrs und der Dekarbonisierung gerecht zu werden. Allerdings sollten auch alternative Technologien wie EFuels und Wasserstoff stärker in Betracht gezogen werden.
Der Sachverständigenrat hebt hervor, dass der zunehmend schlechtere Zustand der Straßen- und Schieneninfrastruktur die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands belastet. Kapazitätsengpässe, Staus und Verspätungen sind häufige Probleme, die die Zuverlässigkeit des Güterverkehrs beeinträchtigen. Besonders kritisch wird die mangelnde Zuverlässigkeit im Schienenverkehr gesehen, die durch gestörte Weichen und manuelle Disposition von Zügen verschärft wird.
Um diesen Problemen entgegenzuwirken, fordern die Wirtschaftsweisen höhere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Konkret wird die Einführung einer entfernungsabhängigen Pkw-Maut vorgeschlagen, deren Erlöse zweckgebunden für die Modernisierung und den Ausbau der Straßen verwendet werden sollen. Für die Lkw-Maut wird prognostiziert, dass sie in den kommenden Jahren einen bedeutenden Anteil der geplanten Verkehrsausgaben des Bundes decken könnte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Abbau von Planungs- und Verwaltungshemmnissen. Die Wirtschaftsweisen schlagen vor, in Vergabeprozessen stärker auf Qualitäts- statt auf Kostenkriterien zu achten und das Mittelstandsgebot zu überdenken, wenn es zu ineffizient kleinen Losgrößen führt. Investitionsfördergesellschaften könnten dabei helfen, Planungssicherheit zu schaffen und Expertise zu bündeln.
Die Dekarbonisierung des Güterverkehrs stellt eine weitere zentrale Herausforderung dar. Der Sachverständigenrat sieht die größte Hebelwirkung in der Umstellung der Antriebe im Straßengüterverkehr auf elektrische Systeme. Batterieelektrische LKW werden aufgrund ihrer hohen Marktreife bevorzugt, während Wasserstoff-LKW derzeit als weniger marktreif und risikobehaftet gelten. Die Wirtschaftsweisen empfehlen daher, die staatliche Unterstützung auf den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für batterieelektrische LKW zu konzentrieren. Hierbei wird jedoch die Notwendigkeit alternativer Technologien wie E-Fuels und Wasserstoff oft unterschätzt.
Innerhalb des Sachverständigenrats gibt es jedoch auch abweichende Meinungen. Wirtschaftsweise Veronika Grimm befürwortet den parallelen Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, um langfristig beide Antriebstechnologien nutzen zu können. Ihre Position stützt sich auf Studien, die auf die Notwendigkeit technologischer Vielfalt hinweisen, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen.
Die politischen Reaktionen auf das Frühjahrsgutachten sind gemischt. Während die SPD und die Grünen den Ausbau der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische LKW unterstützen, plädieren die FDP und Vertreter der CDU/CSU für Technologieoffenheit. Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) kritisiert die Festlegung auf Elektromobilität als zu planwirtschaftlich und betont die aktuellen technischen Herausforderungen bei schweren Elektro-LKW.
Die Forderungen der Wirtschaftsweisen nach einer besseren Infrastruktur und der Förderung von Elektro-LKW sind entscheidende Schritte, um die wirtschaftliche Entwicklung und die Dekarbonisierung des Güterverkehrs in Deutschland voranzutreiben. Dabei müssen jedoch technologische Vielfalt und die langfristige Planbarkeit von Investitionen berücksichtigt werden.
24.05.2024